a little wrap-up of the first evening at symbiont space
Was ist, wie geht Recherche? Und was genau findet man, wenn man sich auf Recherche begibt? Wohl keine objektiven, allgemeingültigen Wahrheiten, soweit waren sich die Podiumsteilnehmerinnen und das Publikum beim symbiont-Kickoff am 14. Juli durchaus einig. Was ja durchaus auch ein wenig irritieren mochte, schliesslich waren nicht nur Künstlerinnen und Künstler – diese Spezialisten für nicht-objektive Zugänge zur Welt – geladen, sondern auch eine Vertreterin der (zumindest zur Hälfte natur)wissenschaftlichen Forschung und eine Journalistin.
Es entspann sich eine lebhafte Diskussion mit Julie Zähringer (Centre for Development and Environment Universität Bern), Marguerite Meyer (bajour), Michaela Büsse (design research, Critical Media Lab Basel), im Laufe der sich unter anderem auch zeigte, dass die Schubladen nicht mehr so klar abgeteilt sind. Julie Zähringer erzählte zum Beispiel von einem Forschungsprojekt, im Rahmen dessen sie gern auch auf investigative journalistische Methoden gesetzt hätte. Und Michaela Büsse verwies auf die methodische Offenheit künstlerischer Forschung.

Man merkte: Es ist 2020 und mit dem Begriff der “Wahrheit” ist man vorsichtig geworden. Was wenn es viele solcher Wahrheiten gibt? Was wenn es keine gibt?
Bruno Latour beklagte schon 2003 das Elend der Kritik, insbesondere das Elend der (linken) Intellektuellen, die ihren Gegnern die dekonstruktivistischen Waffen gleich selbst geliefert hatten. Postfaktisches Zeitalter ahoi. Frei nach Adam Curtis hat unser hypernormalisiertes Zeitalter eine ganze Reihe eigentlich schwacher politischer Figuren hervorgebracht, die genau dieses Fakten-Fiktions-Durcheinander zu ihrer Stärke zu machen wissen. Putin, the obfuscator.
Und damit wurde die Diskussion dann doch wieder auf den Wahrheitsbegriff zurückgeworfen: Wie sollen wir es mit den Faktencheckern auf Social Media halten? Gibt es da eine Meinungszensur oder gibt es eben doch – objektiv – richtige und falsche Fakten? Darf man das Falsche also demnach ohne weiteres herausfiltern?
Auch da wieder: einfache Wahrheiten sind nicht zu erwarten. Anzustreben wäre eine Pluralität von Richtigkeiten (mit einer gleichzeitigen gewissen Toleranz Falschheiten gegenüber. Eine Vielstimmigkeit.

Was übrigens auch für Cocktails gilt. Soll mir niemand kommen mit dem “korrekten” Negroni-Rezept. Es gibt gute Negronis, es gibt schlechte Negronis. Die guten sollte man geniessen – und sich von ihnen inspirieren lassen. Die schlechten sollte man nur ausnahmsweise trinken (verbieten muss man sie nicht). Es gibt keine Objektivität bei Rezepten.